Langzeitstudie zu Leberzellkrebs: Hitze hilft am besten

Seit über 26 Jahren wird am Universitätsklinikum Frankfurt Leberzellkrebs mit minimalinvasiven Methoden behandelt. Eine Langzeitstudie zeigt nun, welches Verfahren am erfolgreichsten ist.

Leberzellkrebs, auch Hepatozelluläres Karzinom (HCC), entwickelt sich im Gegensatz zu Lebermetastasen meist dann, wenn die Leber bereits chronisch geschädigt ist, beispielsweise durch Leberzirrhose oder Hepatitis B oder C. Eine Lebertransplantation kann zwar helfen, doch kommen nur 20 bis 25 Prozent der Patientinnen und Patienten dafür überhaupt in Frage, und selbst dann stehen deutlich zu wenige Spenderorgane zur Verfügung.

Längeres Überleben
Minimalinvasive Therapien bieten eine gute Möglichkeit, das Überleben auch jener Betroffenen zu verlängern, bei denen nicht operiert werden kann. Das Leberboard am Universitätsklinikum Frankfurt hat nun in der ersten Studie dieser Art die Daten von 1.045 HCC-Patientinnen und -Patienten betrachtet, die zwischen 1993 und 2020 im Haus minimalinvasiv behandelt wurden. 
Die Ergebnisse zeigen: Die besten Überlebensraten bietet die sogenannte Mikrowellenablation, bei der der Tumor mit Hitze angegriffen wird. Fast die Hälfte der Patientinnen und Patienten, die mit dieser Methode behandelt werden, sind fünf Jahre nach der Behandlung noch am Leben – eine deutliche Verbesserung zu früheren Methoden.

Mit Hitze gegen Tumoren: Thermoablation
Bei der Thermoablation werden Tumoren mithilfe von Hitze entweder zerstört oder zumindest im Wachstum begrenzt. Gegenüber größeren Operationen ist diese Methode risikoärmer, zudem kann der Krebs deutlich gezielter angegriffen und umliegendes Gewebe geschont werden.
Zu Beginn des Beobachtungszeitraums ab 1993 wurde am Universitätsklinikum Frankfurt hauptsächlich die Laserinduzierte Thermotherapie (LITT) eingesetzt. Hierbei wird die notwendige Hitze durch Hochenergielaserlicht erzeugt. Ein Nachteil der Methode ist der hohe Aufwand: Sie erfordert sowohl CT- als auch MRT-Überwachung, Betroffene müssen zwischen den Geräten wechseln.
Seit dem Jahr 2008 wurde am Universitätsklinikum Frankfurt dann die Mikrowellenablation (MWA) eingesetzt, die die Laserinduzierte Thermotherapie bis 2011 vollständig ablöste. Hier entsteht die Hitze, indem Mikrowellen die Wassermoleküle im betroffenen Gewebe in Bewegung versetzen. Die Mikrowellenablation ist deutlich schneller als die Laserinduzierte Thermotherapie, da sie keinen Transfer der Patientinnen und Patienten erfordert.

Den Tumor von der Versorgung abschneiden: TACE
Eine weitere minimalinvasive Methode, die allein oder unterstützend zur Thermoablation eingesetzt werden kann, ist die Transarterielle Chemoembolisation (TACE). Hierbei wird ein Katheter über die Leiste bis zu den Tumoren geführt. Darüber werden gezielt Medikamente eingespritzt; die Blutversorgung des Tumors wird durch Gerinnung unterbrochen. Das Verfahren wurde am Universitätsklinikum Frankfurt 1996 eingeführt, also drei Jahre nach den ersten Behandlungen, die für die aktuelle Studie berücksichtigt wurden.

Ergebnisse zeigen Mikrowellenablation klar vorne
Im Zeitraum, den die Studie berücksichtigt, wurden 227 HCC-Betroffene nur mit Mikrowellenablation behandelt. Hierbei zeigen sich die größten Erfolge: Die Überlebensdauer liegt bei durchschnittlich viereinhalb Jahren, nach fünf Jahren sind noch 45 Prozent der Betroffenen am Leben. Die zweitbesten Ergebnisse lieferte die Kombination aus Mikrowellenablation und Transarterieller Chemoembolisation mit einer Überlebensrate von gut 25 Prozent nach fünf Jahren.
Weniger erfolgreich war die reine Behandlung mit der – mittlerweile durch die Mikrowellenablation abgelösten – Laserinduzierten Thermotherapie. Von den 25 Patientinnen und Patienten, die diese Behandlung erhielten, überlebte nur ein Fünftel fünf weitere Jahre. 
Auch die alleinige Behandlung mit der Transarteriellen Chemoembolisation weist weniger gute Überlebensraten auf. Hier betrug die durchschnittliche Überlebensdauer nur ein Jahr. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass eine alleinige Behandlung hiermit nur dann durchgeführt wurde, wenn der Krebs für die Thermoablation bereits zu weit fortgeschritten war. Die Patientinnen und Patienten waren also zu Beginn der Behandlung bereits in einer weniger guten Ausgangsposition.

„Hohe Wertigkeit der Verfahren bestätigt“
Insgesamt zeigt die Studie deutlich, wie sich die Behandlung mit den neuen Verfahren über die letzten zwei Jahrzehnte verbessert hat. Studienleiter und Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Prof. Dr. Thomas Vogl, erklärt: „Für ein in der Hauptsache palliatives Verfahren sind Fünf-Jahres-Überlebensraten von 45 Prozent ein wirklich großer Erfolg. Die Langzeitstudie unterstreicht einmal mehr die hohe Wertigkeit der in unserem Leberzentrum eingesetzten Verfahren.“

Publikation:
Vogl, T. J., Freichel, J., Gruber-Rouh, T., Nour-Eldin, A., Bechstein, W.-O., Zeuzem, S., Naguib, N. N. N., Stefenelli, U.; Interventional oncological treatment of hepatocellular carcinoma (HCC) – A single-center long-term evaluation of thermoablation techniques like LITT, MWA, and TACE in a multimodal application over 26 years; Heliyon, Volume 9, Issue 4, April 2023. 
https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S2405844023018534


Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Thomas Vogl
Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Telefon: +49 69 63 01 – 72 77
E-Mail: thomas.vogl@kgu.de 
Internet: www.kgu.de

Über das Universitätsklinikum Frankfurt
Das Universitätsklinikum Frankfurt, gegründet im Jahr 1914, zählt zu den führenden hochschulmedizinischen Einrichtungen Deutschlands. Es bietet seinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche medizinische Versorgung in 33 Kliniken und klinischen Instituten. Der enge Bezug zur Wissenschaft – Universitätsklinikum und Fachbereich Medizin betreiben mehr als 20 Forschungsinstitute – sichert den Patientinnen und Patienten eine zeitnahe Umsetzung neuer Erkenntnisse in die diagnostische und therapeutische Praxis. Rund 1.300 stationäre und tagesklinische Betten stehen zur Verfügung. Zahlreiche Kliniken und Institute widmen sich medizinisch-wissenschaftlichen Spezialleistungen. Jährlich werden circa 46.000 stationäre und mehr als 480.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut. Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie und Neurochirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Das Leberzentrum ist die einzige Einrichtung für Lebertransplantation in Hessen. Ein Alleinstellungsmerkmal gemäß Versorgungsauftrag nach dem Hessischen Krankenhausgesetz besteht für die Region Frankfurt-Offenbach neben der Herzchirurgie auch für die Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, die Dermatologie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mehr als 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Patientinnen und Patienten.

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