Die Deutsche Krebshilfe unterstützt die von Ärzten und Wissenschaftlern des Krankenhauses Nordwest ins Leben gerufene deutschlandweite Studie „FLOT-HIPEC/FLOT9“. In der sehr visionären Studie wird die moderne FLOT-Chemotherapie (Al-Batran et al. Lancet 2019) mit einer zusätzlichen, die Operation begleitenden Chemo-Wärme-Therapie der Bauchhöhle (sogenannte intraoperative hypertherme Chemotherapie) kombiniert. Es soll geprüft werden, ob die Entstehung von Bauchfellmetastasen nach der Operation damit besser verhindert werden kann. Die Studie wird für Patienten mit einem nicht vorbehandelten Magenkarzinom angeboten. Die Studienergebnisse hätten möglicherweise auch eine Relevanz für andere Krebsarten, die häufig das Bauchfell befallen (z. B. Bauchspeicheldrüsenkrebs, Dickdarmkrebs, Gallengangskrebs). Die Studie wurde vom IKF des Krankenhauses Nordwest und vom Universitären Centrum für Tumorerkrankungen Frankfurt (UCT) konzipiert und wird in der Klinik für Onkologie und Hämatologie und der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimal Invasive Chirurgie am Krankenhaus Nordwest und anderen klinischen Partnerinstitutionen durchgeführt.
Das Bauchfell kleidet die Innenseite der Bauchwand aus und überzieht die inneren Organe des Bauches. Verschiedene Krebsarten bilden häufig Tochtergeschwülste (Metastasen) im Bauchfellraum, eine Situation, die als schwer behandelbar gilt und die Prognose einer Krebserkrankung in der Regel deutlich verschlechtert. Als klinische Symptome einer Bauchfellbeteiligung gelten die Bildung von Bauchwasser, Schmerzen im Bauchraum und eine Behinderung der Magen- und Darmtätigkeit. Eine konventionell über die Vene verabreichte Chemotherapie hat für die Bauchfellmetastasierung oft eine nur unzureichende Wirkung, was der sogenannten „Peritoneal-Plasma-Barriere“ zugeschrieben wird. Nach den Statistiken der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) haben Patienten mit Bauchfellmetastasen zumeist eine deutlich reduzierte Lebensqualität.
Bei Magenkrebs wird davon ausgegangen, dass etwa ein Drittel der Patienten bereits vor der Operation bösartige Zellen in der Bauchfellflüssigkeit haben. Die chirurgische Manipulation während der Operation fördert die Verbreitung von Krebszellen im Bauchfell weiter. Freie Krebszellen in der Bauchhöhle sind in der Lage, lokale Tumoren zu bilden und weiter zu streuen (metastasieren). Daher verschlechtert sich die Behandlungsprognose bei nachweisbaren Krebszellen in der Spülflüssigkeit des Bauchfelles erheblich.
Das Team des IKF um Prof. Dr. Salah-Eddin Al-Batran ist auf die klinische Erforschung von neuen Behandlungsmöglichkeiten für Tumoren des Verdauungstraktes besonders spezialisiert. In diesem Jahr veröffentlichte die Studiengruppe die Ergebnisse einer klinischen Arbeit (FLOT4-AIO) in der angesehenen Zeitschrift Lancet, in der durch die Einführung eines neuen Chemotherapie-Regimes (FLOT) eine Verbesserung der Heilungschancen von Magenkrebs um ca. 10 Prozent erzielt worden ist. Mit der neuen Studie zur Vorbeugung von Bauchfellmetastasen bei Magenkrebs (FLOT-HIPEC/FLOT9) stellt sich das IKF am Krankenhaus Nordwest nun einer besonderen, neuen Herausforderung bei dieser Erkrankung. Studienziel ist es, Bauchfellmetastasen frühzeitig zu verhindern, anstatt später behandeln zu müssen und damit die Heilungschancen betroffener Patienten weiter zu verbessern.
Bei der FLOT-HIPEC/FLOT9-Studie handelt es sich um eine multizentrische, deutschlandweite Phase-III Studie. Es wurden die Arbeitsgemeinschaften AIO - Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie; CAOGI - Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Oberer Gastrointestinaltrakt und ACO - Assoziation Chirurgische Onkologie mit eingebunden. An der Studie sollen rund 20 bis 30 medizinische Zentren in Deutschland mit bis zu 200 Patienten teilnehmen. Die Patienten, die unabhängig von der Studie einer Operation unterzogen werden, werden per Zufallsprinzip einer der beiden Behandlungsgruppen zugeteilt (Randomisierung). Eine Gruppe erhält die Standard-Chemotherapie mit FLOT, die andere Gruppe die experimentelle Therapie mit einer Spülung des Bauchfellraumes nach erfolgter Operation mit einer 42°C warmen, Chemotherapie-haltigen Lösung kombiniert mit FLOT. Ziel ist es, die beiden Behandlungsstrategien im Hinblick auf die Verträglichkeit und ihre Auswirkung auf das Gesamtüberleben zu überprüfen. Gelingt hierbei der Nachweis, dass durch die zusätzliche chemotherapeutische Spülung des Bauchfellraumes bessere Ergebnisse erreicht werden als mit den bisherigen Verfahren, würde das eine direkte Auswirkung auf die Behandlungsweise des operablen Magenkrebses und möglicherweise anderer Krebsarten haben.
Wissenschaftlicher und organisatorischer Dreh- und Angelpunkt der Forschung wird das IKF unter Leitung des Ärztlichen Direktors Prof. Salah-Eddin Al-Batran sein. Leiter der Studie ist PD Dr. Thorsten Götze (ltd. Oberarzt). Der chirurgische Ratgeber ist der renommierte HIPEC-Chirurg Prof. Pompiliu Piso aus Regensburg. Die Begutachtungsgruppe „Klinische Studien“ der Deutschen Krebshilfe hatte zuvor in ihrer Beurteilung die FLOT- HIPEC/FLOT9 Studie als „sehr relevant und zeitgemäß“ bezeichnet und das innovative Studiendesign gelobt. Die Förderung durch die Deutsche Krebshilfe ist eine Bestätigung und Anerkennung für die Trägerinstitutionen des Instituts, das Krankenhaus Nordwest und das UCT. Die renommierte Deutsche Krebshilfe bewilligt pro Jahr nur wenige ausgesuchte Projekte, die als wissenschaftlich besonders wertvoll angesehen werden.
Über das Institut für Klinisch-Onkologische Forschung (IKF)
Das IKF der Krankenhaus Nordwest GmbH ist Teil des UCT und wurde zum Ausbau und zur Förderung der klinischen Forschung gegründet. Ziel des IKF ist es, die Behandlungsergebnisse von Patienten mit Tumorerkrankungen zu verbessern, indem neue Behandlungsansätze in klinischen Studien konsequent fortentwickelt werden. Für die erfolgreiche Bewältigung dieser verantwortungsvollen Aufgaben hat das IKF ein Netzwerk von mehr als 200 kooperierenden medizinischen Einrichtungen in Deutschland aufgebaut und engagiert sich in diversen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen. Besonders hervorzuheben ist hier die sogenannte FLOT-Studiengruppe, welche unter kontinuierlicher Leitung des IKF erfolgreich neue, wirksamere Therapiestandards zur Behandlung von Patienten mit Magen-Darm-Trakt Tumoren entwickeln konnte.
Über das Krankenhaus Nordwest
Das Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main ist ein Krankenhaus der Schwerpunktversor-gung im Rhein-Main-Gebiet mit 582 Betten, die sich auf 13 Kliniken und sechs Institute vertei-len. Als Standort klinischer Forschung ist das Krankenhaus Nordwest Teil des von der Deut-schen Krebshilfe ausgezeichneten Universitären Centrums für Tumorerkrankungen (UCT) Frankfurt. Von überregionaler Bedeutung ist außerdem das von der Deutschen Krebsgesell-schaft zertifizierte Onkologische Zentrum, in dem alle Organzentren kooperieren. Jährlich wer-den im Krankenhaus Nordwest rund 22.000 stationäre und 37.000 ambulante Patientinnen und Patienten behandelt. Besondere Kompetenz bietet das Krankenhaus bei der Behandlung neuro-logischer Erkrankungen. Die Klinik für Neurologie ist eine der größten neurologischen Kliniken Deutschlands. Sie verfügt über eine Stroke Unit und eine neurologische Intensivstation. Darüber hinaus spiegelt sich die fachliche Kompetenz des Krankenhauses Nordwest in verschiedenen weiteren Zentren wider. Dazu gehören das Endometriosezentrum, Gefäßzentrum, das Multiple-Sklerose Zentrum und die Brustschmerzeinheit (CPU).
Für weitere Informationen:
Brigitte Ziegelmayer
Leitung Unternehmenskommunikation
Krankenhaus Nordwest
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Web: www.khnw.de